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Magie und Metaphysik

Okay, zurück zur Hose. Ich springe gerade ein wenig durch die Dokumentation meiner aktuellen Projekte, deswegen eine kurze Erinnerung wie der Stand der Dinge war: Ich hatte die beiden bereits genähten Hosen analysiert und den Schnitt daraufhin verändert um den Stoff im Schrittbereich besser zu verteilen. Ob dieser Plan aufgegangen ist zeigt jetzt das Probeteil:

Meine berüchtigten Probeteile. Nicht abschrecken lassen, es wird schöner! ;)

Was soll ich sagen? Zu meiner eigenen Überraschung hat die Schnittänderung genau so funktioniert wie es mir erhofft hatte. Sogar so gut, dass ich mich jetzt etwas ärgere, die Änderung nicht auch auf der Rückseite gemacht zu haben. Aber vielleicht hätte das dort eh nicht so gut geklappt, weil Hintern.

Von der Falte bin ich tatsächlich ziemlich begeistert. Wie elegant und raffiniert sie sich über das Vorderteil zieht und zu den Enden hin ausläuft. Eigentlich ist das nämlich gar keine Falte im üblichen Sinn, wo Stoff an einer Stelle umgeklappt wird, mehrlagig liegt und von dort aus mehr oder weniger auseinanderfällt. Hier schiebt sich nur ein bestimmter Abschnitt der Mehrweite im Zusammenspiel mit dem Körper auf beinahe magische Weise übereinander. Das alles wird ermöglicht und verschönert durch den schrägen Fadenlauf den das Schnittteil jetzt hat. Keine ganz triviale Konstruktion, auf die ich ausnahmsweise wirklich etwas stolz bin (denn mit der Anerkennung eigener Leistungen hapert es bei mir üblicherweise gewaltig).

Man beachte auch wie schief die Taschen hier aussehen. All das zieht sich beim Tragen in die richtige Position.

Was man auch am Probeteil erkennt, ist dass die Mittelnaht jetzt schräg verläuft und unten irgendwo in dieser metaphysischen Falte verschwindet. Das sieht nicht so gut aus, deswegen habe ich versucht eine neue senkrechte Mittellinie aufzuzeichnen (im Bild oben in rot eingemalt). Diese Linie hat einen nicht unerheblichen Knick im Bereich der Zugfalte. Das muss dann später auch alles an Ort und Stelle sitzen, was vielleicht nicht ganz einfach ist. Um dieses Problem zu umgehen habe ich das Vorderteil der Hose einfach aus einem Stück zugeschnitten. Keine Mittelnaht, kein Stress.

Am fast fertigen Modell habe ich dann noch mal etwas Weite aus den Hosenbeinen genommen (sind immer noch weit genug) und die Form der Rückseite (Schrittbereich) angepasst. So ist die Hose etwas stromlinienförmiger, was bei diesem Stoff besser passt.

Apropos Stoff. Ich verwende ein so betiteltes „Leinengewebe“. Allerdings aus 100% Baumwolle. Es hat nur ein wenig die Optik von Leinen. Weich, franst schnell, aber lässt sich ansonsten gut verarbeiten.

Die Hose selber ließ sich eigentlich recht simpel zusammen nähen. Warum es trotzdem so lange gedauert hat? Reißverschlusspech. Da kommt ja je ein Reißverschluss an den Hosenbeinsaum. Zuerst ist mir bei einen davon der Schlitten abgesprungen (das Ende war abgeschnitten, weil ich die Reißverschlüsse aus einem anderen Projekt wiederverwertet habe) und musste mit Hilfe einer Zange, Malerkrepp und viel Geduld wieder raufgefummelt werden. Und als ich dann beide fertig eingenäht hatte ging der eine kaputt, die Zähnchen griffen nicht mehr ineinander. Ich war bedient und habe die Hose erst mal ein paar Tage in die Schmollecke gelegt.
Aber es hatte auch was gutes. Als ich neue Reißverschlüsse gekauft habe, fiel mir im Laden ein wunderbarer Karostoff auf. Daraus wird eine super Hemdbluse!

Die Reißverschlüsse habe ich dann also erneuert (schmolle aber noch mit ihnen, weswegen ich auch vergessen habe ein Detailfoto zu machen) und endlich auch die restlichen Kleinigkeiten fertig gestellt (Schlaufen und Gürtel). Hose fertig!

Hier sieht man, dass sich die Faltenkonstruktion beim Tragen durchaus mal auseinander zieht. Sortiert sich aber auch gut wieder zusammen.

Zusammenfassung

Schnitt: Burda 7677
Änderungen: Vorderteil verzogen, Rückseite und Hosenbeine schmaler
Material: 2m Leinengewebe (Karstadt), Rest Jersey

Dass die Schnittänderung so gut geklappt hat begeistert mich. Dadurch hat der ohnehin schon gute Schnitt noch ein bisschen gewonnen. In dem weichen Baumwollstoff funktioniert die Hose gut, erinnert mich von der Silhouette etwas an Cargohosen, hat aber immer noch einen orientalischen Aspekt. Den androgynen Look mag ich aktuell echt gerne. Die Hose geht sowohl mit Sandalen und sommerlichem Top als auch mit Boots und Bandshirt. Die kommt auf jeden Fall mit aufs Festival! :)

Sarouelhose

4 Antworten auf „Magie und Metaphysik“

Du bist eindeutig die Königin der coolen Hosen! Die ich zwar alle selber nie tragen würde, aber an dir immer ausgiebig bewundern kann. Besonders gut gefällt mir das Detail des Gürtels, das rundet die Hose nochmal so schön ab. Auch wenn die Faltenlegung auch schon echt beeindruckend ist :)

Boah, wie gut. Die Schnittänderung holt nochmal mehr raus aus der Hose und ich mag es sehr, wie du die Sarouelhose in Richtung apokalyptische Cargohose bekommst. Würd ich ja SOFORT tragen.

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