Kategorien
Nähen

Innere Logik und wohlformulierte Ausreden

Wie geht es denn dem Pullover?
Ausgehend von meinem selbsterstellten Oberteil-Grundschnitt habe ich nach Vorgabe dieser Anleitung einen Raglanschnitt konstruiert. So weit so gut. Hier kommt jetzt eine persönlich Macke von mir ins Spiel, die (Spoiler!) mich noch Nerven kosten wird: Eigentlich alle Raglanschnittmuster die ich bisher gesehen habe, haben einen Abnäher oder eine Naht im Ärmel. Ich verstehe, dass das sinnvoll für die Passform rund um die Schulter ist. Allerdings haben gekaufte Shirts mit Raglanärmeln so gut wie nie solche Abnäher. Und das mag ich optisch viel lieber. Das muss doch auch machbar sein, zumindest bei elastischem Strickstoff, der sich an der Schulter dehnen kann. Nur wie erstellt man so einen Schnitt? Zum Glück habe ich dann diesen Post gefunden, in dem die Sache ganz gut erklärt wird.

Schnitt Raglanpulli

Für das Probeteil habe ich wieder diesen elastischen Cord verwendet. Eine erste Version hatte ich ohne nachzudenken aus unelastischem Webstoff gemacht, was natürlich sinnlos war, weil dieser Schnitt hier die Stretch-Eigenschaften des Stoffes explizit braucht. Manchmal schadet Routine eben auch.

Anprobe 1
Anprobe 1

Drei Dinge fallen mir auf.
1: Die Raglanlinien (also dort wo Ärmel und Mittelteil zusammengenäht sind) müssen noch ein bisschen weiter runter, sonst sitzt der geplante Reißverschluss zu weit außen/oben.
2: Von der Schulter ziehen sich Falten, vorne zur Brust und auf dem Ärmel auch. Hebt man die Arme (noch etwas weiter als auf dem Arme-angehoben-Bild), verschwinden sie.
3: Unter dem Arm ist etwas viel Stoff, deswegen knautscht es da ein wenig (vor allem auf der Rückseite).

Anprobe 1

Dass Falten entstehen ist klar. Die Schulter ist im Schnitt nicht ausgeformt, also kämpft sich der Stoff da irgendwie rum und zieht dabei an verschiedenen Punkten. Außerdem ist der Schnitt recht locker, also faltet sich der zusätzliche Stoff rund um den Körper natürlich zusammen.
Ich könnte jetzt jede einzelne dieser Falten angehen und versuchen sie auszumerzen. Wobei ich immer wieder darauf stoßen würde, dass dem Schnitt ein Schulterabnäher fehlt. Den ich ja extra rausgenommen hatte. Und hier beißt sich die Geschichte in den Schwanz.

Und was man auch berücksichtigen sollte: Der Raglan ist ein Schnitt der für Bewegungsfreiheit gemacht ist. Im Gegensatz zum deutlich restriktiveren klassischen Mantel- oder Jackenärmel sollte diese neue Schnittform Feldmarschall Lord Raglan im Krimkrieg das Anziehen seines Mantels erleichtern, da der Lord in Waterloo einen Arm verloren hatte. Und während der klassische Ärmel vor allem glatt und faltenfrei sitzt, wenn man den Arm herunterhängen lässt (oder maximal vor dem Bauch eine Merkelraute formt), ist das eine Position in der der Raglanärmel knautscht.

Das klingt jetzt alles wie eine wohlformulierte Ausrede, warum ich mich nicht mit den Passformänderungen beschäftigen möchte. Das stimmt zum Teil, hat aber eher damit zu tun, dass ich seit Waterloo aktuell eine schmerzhafte Entzündung im rechten Arm habe (Tennisarm, wie man so sagt) und deswegen auf zusätzliches Gefummel mit Schnittmusterteilen auch gerne mal verzichten kann. Davon abgesehen finde ich es auch wichtig zu verstehen, wann es sich überhaupt lohnt den Kampf um die Passform aufzunehmen. Hier könnte ich auch mit großem Aufwand niemals alle Falten rauskriegen, solange ich nicht diesen Schulterabnäher einfüge. Das ist der Zusammenhang zwischen Designentscheidungen und ihren Auswirkungen auf den Sitz des Kleidungsstücks, der hier ganz deutlich wird. In diesem Fall stehen sich beide im Weg und ich kann mich nur entweder/oder entscheiden.
Diese Einblicke in die innere Logik von Schnittmustern hätte ich wahrscheinlich mit dem Abarbeiten des Burdaschnitt nicht erhalten, weswegen sich der umständliche Weg durchaus gelohnt hat.

Langer Rede kurzer Sinn: Ich werde auf jeden Fall die Linienführung ändern (schräge Nähte weiter runter) und dann mal sehen wie weit mich der Ehrgeiz bringt und wann der Tennisarm mit seiner Geduld am Ende ist.

Eine Antwort auf „Innere Logik und wohlformulierte Ausreden“

Moin

Dieses Schnittmuster
http://www.farbenmix.de/shop/Alle-Kreativ-Ebooks/KANGA-Raglan-Sweater-Kreativ-Ebook::11459.html

von Farbenmix soll angeblich keinen oder nur einen kleinen Abnäher am Arm haben
Dann habe ich noch dieses hier gesehen .was auch nur einen kleinen Abnäher hat
http://www.schnittquelle.de/schnittmuster_schnitte_suche.php?Suchbegriff=Sneek&suchen=suchen

Vielleicht hilft dir das bei der Konstruktion ein bisschen weiter

LG ker

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert